Der Streit zwischen der europäischen Autolobby und Politik verschärft sich – bei den gesetzlichen Grenzwerten für den CO2-Ausstoß für die Zeit nach dem Jahr 2020 ist immer noch keine Einigung in Sicht. Mathias Wissman, Präsident des Verbands der Automobilindustrie, äußert sich in einem Interview mit dpa Insight EU kritisch gegenüber einer wahrscheinlichen Verschärfung des Grenzwerts nach 2020. Jetzt sei es viel zu früh, um über die Zukunft zu spekulieren und genaue Zahlen festzulegen, so der VDA-Chef.
Wissmann: Markt weiter beobachten
Die Zahlen geben der Autolobby Recht. Der Markt mit alternativen Auto-Antrieben will immer noch nicht ins Rollen kommen. Ob sich an dieser Situation in den kommenden Jahren etwas ändern wird, ist fraglich. Daher schlägt VDA-Präsident Wissman vor, den Markt weiter zu beobachten und frühestens 2017 oder 2018 über verschärfte Grenzwerte für den maximalen Kohlendioxidausstoß von PKWs ab dem Jahr 2020 zu diskutieren.
Grenzwerte für den CO2-Ausstoß Umweltorganisationen noch zu hoch
Ohnehin hat die Branche bis 2020 einiges zu tun. Bereits 2009 beschloss die Europäische Union im Zuge des Umweltschutzes, dass europäische Neuwagen im Flottendurchschnitt eines Herstellers ab dem Jahr 2015 maximal 130 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen dürfen. Ab 2020 soll laut dem Beschluss aus 2009 eine europäische Obergrenze von maximal 95 Gramm CO2 pro gefahrenen Kilometer gelten.
Obwohl diese Kennzahl laut Wissmann bereits sehr niedrig gesetzt ist und eine weltweit einzigartige Maßnahme für den Umweltschutz darstellt, fordern Umweltorganisationen lautstark eine weitere Verschärfung, insbesondere für den Zeitraum ab 2020. Dabei untersuchte die EU-Kommission ihren Gesetzesbeschluss erst im vergangenen Juli 2012 erneut und kam zu der Empfehlung, an den 2009 getroffenen Grenzwerten festzuhalten. Sollte die EU die Kohlendioxidgrenzwerte für Neuwagen dennoch weiter verschärfen, könnte sie den gesamten europäische Automobilmarkt bedrohen.
Alleine der Grenzwert von 130 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer, der 2015 in Kraft tritt, könnte einzelne Autohersteller benachteiligen und stellt die gesamte Branche vor Schwierigkeiten. Im Interview mit dpa Insight EU entwirft der VDA-Chef Wissmann sogar ein Szenario, in dem es nur noch Kleinwagen auf den deutschen Straßen gibt. Denn in solchen Klassen sind die geforderten Reduktionen des Kohlendioxidausstoßes realistisch umzusetzen. Ein Familien-Van werde eben immer mehr verbrauchen als ein kleines Stadt-Auto, so Wissman weiter.
Deutsche Autobauer: In der Oberklasse gut aufgestellt
Dabei sind die deutschen Autobauer vor allem in der Oberklasse gut aufgestellt – und haben ohnehin mit anhaltenden Absatzproblemen wegen der Euro- und Staatsschuldenkrise zu kämpfen. Vor allem Hersteller wie Opel oder Fiat, die auf den europäischen Markt setzen, schreiben seit Jahren rote Zahlen und werden durch eine mögliche Verschärfung des CO2-Grenzwerts doppelt belastet. Wissman schlägt anstatt schärferer Gesetze Subventionen vor: Der Bau effektiverer Autos und alternativer Antriebe müsse belohnt werden, so der Präsident.
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