Elektroautos werden in Deutschland als Zweitwagen immer beliebter. Das zeigt die zweite Mobilitätsstudie des Düsseldorfer Beratungsunternehmens Horvarth & Partners in Zusammenarbeit mit dem Strascheg Institute for Innovation and Entrepreneurship der EBS Business School. Die umfangreiche Studie zum Bereich E-Mobility und Mobilität von morgen gibt wertvolle Aufschlüsse über die bevorstehenden Veränderungen und Trends rund um Verkehr und Autos. Befragt wurden knapp 280 Teilnehmer aus 250 verschiedenen Unternehmen der Auto-, Energie- und Dienstleistungsbranche. Rückt das Ziel der Bundesregierung und Kanzlerin Merkel, bis zum Jahr 2020 mindestens eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen zu haben, wieder in greifbare Nähe?
Hoffnung in Hybridautos
Nach Beurteilung der Industrie- und Marktforschungsexperten aus Düsseldorf sollen bis zum Jahr 2020 zumindest rund acht Prozent aller Pkws in Deutschland über einen Hybridantrieb verfügen. Bei einem vermutlichen Bestand von 47 Millionen Fahrzeugen bis 2020 macht das rund vier Millionen Hybridautos aus. Dazu kommen reine E-Autos, Plug-In-Hybride und solche Fahrzeuge, die mit Brennstoffzellen oder Gas angetrieben werden. Nach Einschätzung von Experten sollen in gut sechs Jahren bereits 8,4 Millionen umweltverträgliche Autos über deutsche Straßen rollen – im Jahr 2020 wird das ein Anteil von etwa 18 Prozent am geschätzten Gesamtvolumen bedeuten.
[…] bis 2020 macht das rund vier Millionen Hybridautos
E-Autos machen sich gut als Zweitwagen
Bis Ende vergangenen Jahres wurden nur knapp 7 000 Autos mit Elektromotor in Deutschland verkauft. Diese niedrige Ziffer braucht nach Ansicht der Düsseldorfer Marktforscher allerdings niemanden zu schockieren – jedenfalls noch nicht. Denn viele Unternehmen und Betriebe machen sich erst jetzt an die Arbeit, den Bereich den grünen Mobilität aktiv anzugehen. Lediglich 27 Prozent der befragten Unternehmen stehen den umweltfreundlichen Mobilitätslösungen nach wie vor skeptisch gegenüber. Am häufigsten wurde dabei die geringe Reichweite der Elektroautos genannt – ein altes Problem, für das Batteriehersteller schon seit Jahren Besserung ankündigen. Als Zweitwagen im städtischen Raum oder als verbrauchsarmes Auto für kurze Fahrten haben die Stromer in den kommenden Jahren allerdings gute Chancen, so die Einschätzung von Horvarth & Partners.
Hybrid- und E-Autos zu teuer
Neben der geringen Reichweite bremsen die hohen Produktions- und Verkaufspreise den Umsatz von E-Autos. Zwar sind potenzielle Kunden bereit, für ein besonders verbrauchsarmes Auto mehr Geld auszugeben, doch laut der Düsseldorfer Studie nicht mehr als fünf bis zehn Prozent als für ein vergleichbares Auto mit Verbrenner. Das ist leider weit von der Realität entfernt: Hybrid- und E-Autos kosten durch die teure Technik an Bord teils mehr als das Doppelte einer Benziner- oder Dieselvariante desselben Modells. Studien zeigen, dass sich die Anschaffung eines Elektro- oder Hybridautos zum jetzigen Zeitpunkt nur in wenigen Fällen auszahlt. Denn die Ersparnis durch den niedrigen Verbrauch kann den hohen Mehrpreis beim Kauf kaum ausgleichen. Daher sehen die Marktforscher einen weiteren Trend: Carsharing und ähnliche Angebote wie Park-and-Ride sollen in den kommenden Jahren immer wichtiger werden und könnten dazu führen, dass die Anzahl der Autos in Deutschland massiv zurückgeht – genau wie der Umsatz der Hersteller.
Wer ist in der Pflicht: Politik oder Autobauer?
Nicht nur die Autohersteller, Batteriebauer und Zulieferbetriebe müssen noch einiges tun, bevor die Rahmenbedingungen dafür stehen, dass E-Autos die deutschen Straßen übernehmen. Auch die Politik sollte Anreize zum Kauf von besonders verbrauchsarmen Fahrzeugen bieten. Das fordert unter anderem Daimler-Chef Dieter Zetsche. Durch staatliche Subventionen wie Steuererleichterungen oder dem Ausbau der Infrastruktur für grüne Mobilität könnte die gesamte Branche angekurbelt werden – und damit auch mehr Geld für Innovationen und Forschung bereitstehen. Dies würde wiederum zu noch sparsameren Autos und ausgeklügelteren Technologien führt. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ihrer Bundesregierung das ehrgeizige Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 gesteckt hat, deutete bereits an, im Falle ihrer Wiederwahl über direkte Staatshilfen nachzudenken. In anderen EU-Ländern ist dies längst der Fall: In Frankreich soll es laut dem Magazin Focus beim Kauf eines E-Autos Prämien von bis zu 7 000 Euro geben.
Oettinger gegen Subvention
Der EU-Energiekommissar Günter Oettinger spricht sich allerdings gegenüber dem Magazin Focus deutlich gegen eine Subvention von Hybrid- und E-Autos aus. Besser wäre es, direkt in die Entwicklung von leichteren Batterien mit größerer Reichweite zu investieren, so Oettinger weiter. Merkels proklamiertes Ziel hält er für einen symbolischen Spruch und Wahlkampf-Taktik. Eine Förderung von Elektro- und Hybrid-Autos zum jetzigen Zeitpunkt wäre sozial ungerecht, so der Energie-Experte der EU. Finanziert würde eine solche Maßnahme über Steuergelder aller Deutschen, profitieren könnten aber wegen der mangelnden Reichweite der heutigen Batterien nur Menschen im städtischen Raum. Ähnlich äußerte sich auch der Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Gerd Billen. Es sieht also ganz so aus, als ob die deutschen Autohersteller auf eigene Faust die grüne Mobilität vorantreiben müssen.